Vermutlich wird kein zukünftiges Wirtschaftssystem mehr ohne das grundlegende Konzept der Kreditvergabe auskommen. Denn Kredite bieten die Möglichkeit, mit einer Idee und dem Mut zum Risiko, etwas zu schaffen, was ohne sie nur schwer möglich wäre.
Aber der Kredit, eigentlich das Vertrauen in die Fähigkeiten einer andere Person, ist in Verruf geraten.
Dabei ist nicht der Kredit an sich schlecht, sondern nur das, wozu er benutzt wird in dieser Welt.
Aber davon möchte ich hier nicht sprechen, den in diesem Text soll es um eine Utopie gehen, in der der Kredit wieder ein wertschöpfendes Instrument für unsere Gesellschaft sein könnte.
Was ist das Wesen des Kredites und was unterscheidet verschiedene Kredite voneinander
Jemanden Kredit gewähren, heißt in erster Line, mit Vertrauen in den Vorrang gehen. Man traut einem andern etwas zu und möchte von seiner Tatkraft profitieren. Hierzu stellt man ihm die Mittel für seine Idee zur Verfügung, in der Hoffnung das er sie umsetzen kann und damit den Kredit zurückzahlen wird.
Aber nicht alle Ideen sind gleich, einige bergen ein großes andere ein kleineres Risiko. Diese Unterschiede sollte sich auch in dem Kredit für die Idee niederschlagen. Es ist also notwenig die Kredite unterschiedlich zu behandeln. Kredite mit einem großen Risiko bezahlen deshalb üblicherweise hohe Abschläge (Zinsen) und Kredite mit niedrigem Risiko geringe Abschläge.
Hört sich doch eigentlich alles noch ganz gut an, wenn man in dieses offenkundig sinnvolle System nicht den Zinseszins eingebaut hätte, der die Zinsen zu einem Machtinstrument macht, das sie nicht sein sollten.
Ein Beispiel
Am Start sind zwei Kredite, einer mit sehr hohem Risiko, 50ew (50% Erfolgswahrscheinlichkeit) und einer mit geringem Risiko: 90ew. Jeder der beiden Kreditnehmer benötigt zum Umsetzen seiner Idee 100 Geldeinheiten (G). Die Gefahr (das Risiko) das man bei der Idee mit der 90ew die G nicht wieder bekommt ist 10%. Also verlangt man für diesen Kredit einen Aufschlag von 10%, um das Risiko des möglichen Ausfalls zu kompensieren. Das heißt, der Kreditnehmer bekommt 100 G, muß aber 110 G zurückbezahlen. Er bekommt 10 Monate Zeit seinen Kredit zurück zu zahlen, bezahlt also jeden Monat 11 G. Genauso wird auch die Idee mit den 50ew behandelt, die somit 15 G pro Monat bezahlen muss.
In diesem Beispiel hat der Kredit mit 50ew die eingesetzten 100 G nach ca. 7 Monaten zurückgezahlt, es besteht also kein Risiko mehr für den Kreditgeber. Der Kredit mit der 10ew braucht über 9 Monate, um die 100 G zurückzuzahlen, was man ihm aber zugesteht, weil er ja auch ein geringeres Risiko trägt.
Hört sich doch eigentlich immer noch alles gut an, also wo ist dann der Fehler
Der Fehler entsteht immer dann, wenn alle Kredite vollständig zurückgezahlt werden, denn dann Gewinnt immer der Kreditgeber. Das macht aber keinen Sinn, denn dann häuft sich immer mehr Geld beim Kreditgeber an. Hier muß also eine Ausgleich geschaffen werden.
Damit es überhaupt Kreditgeber gibt, muß man ihnen zugestehen einen Sicherheitspuffer für Ausfälle zu hinterlegen, gleichzeitig muß man verhindern das Kreditgeber zu reich werden.
Aber die eigentliche Frage ist, warum sollte der Kreditnehmer mit den 50ew 50 G mehr für seinen Kredit bezahlen müssen, auch wenn er den Kredit vollständig zurück gezahlt hat? Wäre es nicht gerechter, wenn er nur 100 G + eine Bearbeitungsgebühr für seinen Kredit bezahlen müsste?
Hier wird die Sache jetzt kompliziert, bzw. philosophisch
Es stellt sich nämlich die Grundlegende Frage, ob wir als Gesellschaft Risiken sozialisieren oder personalisieren wollen. Wenn wir Risiken personalisieren, dann gehen weniger Menschen wirtschaftliche Risiken ein, was schlecht für unsere Weiterentwicklung als Gesellschaft ist. Wenn wir Risiken sozialisieren, müssen wir Risiken anderer mittragen, was viele als ungerecht empfinden.
Aus meiner Sicht sollten Banken genau diese Aufgabe in unserer Gesellschaft übernehmen. Kreditrisiken von Einzelnen auf Viele übertragen, damit wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln können. Im Prinzip genau die Idee einer Genossenschaft. Leider verkommen die heutigen Volksbanken und Genossenschaften immer mehr zu reinen Geschäftsbanken, was mir persönlich überhaupt nicht gefällt.
Ein anders Problem ist die grundlegende Konstruktion unserer Banken. Banken können mit dem Faktor 8/100 Geld erzeugen. Wenn man von einer Bank Kredit will, muß man ihr dafür Sicherheiten bieten. Die Bank selbst muß für jede Einheit Kredit ca. (hängt im Detail vom Risiko des Schuldners ab) 0.08 Einheiten Eigenkapital hinterlegen.
Das geht genau so lange gut, wie die Bank die Sicherheiten und die Risiken der Kredite richtig einschätzt, was z.B. in einer Krise extrem schwierig sein kann. Wenn die Verluste einer Bank größer als ihr Eigenkapital werden (ca. 8 % der Kreditsumme), dann wird es kompliziert. Die Bank muß jetzt Abgewickelt werden. Für Einlagen gibt es einen Schutz, aber für vergebene Kredite ist nichts dergleichen vorgesehen. Falls Sie bei so einer Bank einen Kredit aufgenommen haben, wird sie ihre Geld zurückverlangen. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind, wird sie die Sicherheit verwerten (müssen). Das könnte z.B. ihr Haus oder ihr Auto sein. Wenn sie auf die schnelle nicht in der Lage sind so viele Geld aufzutreiben, denn muß die Bank ihre Sicherheit in einer Notversteigerung verkaufen, um ihrerseits ihre Schuldner auszahlen zu können. Es wir also immer so sein, dass eine große Pleite einer Bank, auf dem Rücken der kleinen Kreditnehmer ausgetragen wird. Da dem Staats das bewußt ist, versucht er Banken mit aller Gewalt zu retten und sozialisiert die Verluste der Besitzer / Schuldner der Bank.
Das Problem könnte man nur lösen, wenn Banken viel mehr Eigenkapital für Kredite vorhalten müßten, was aber dazu führen würde, dass viele weniger Kredite vergeben werden könnten.
PS: Das Thema Zinseszinsen habe ich mit Absicht hier nicht angesprochen, weil ich Zinseszinsen grundsätzlich ablehne.
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